Vgl. auch das Buchmanuskript "Lernstrategie Jura" (2003)

Lernstrategie für Jurastudenten


1. Juristische Informationen und Telefonnummern

Aufgabe eines Jurastudenten ist es, möglichst effektiv zu lernen, um die für ein gutes Examen nötigen Informationen im Gedächtnis zu speichern. Dazu ist nur beschränkt Zeit verfügbar. Rechnet man vier Jahre Studienzeit zu je 1700 Arbeitsstunden, so liegt die insgesamt zur Verfügung stehende Arbeitszeit bei unter 7000 Stunden. Das Ergebnis der Bemühungen während dieser Zeit und damit der Examenserfolg wird von vielen Faktoren bestimmt. Denkbar sind unter anderem: Begabung, Intelligenz, Konzentration auf das Studium ohne wirtschaftlich bedingte Notwendigkeit zum Jobben, fähige Professoren, fähige Repititoren, gute Lehrbücher. Daneben spielt aber auch die Lernstrategie eine erhebliche Rolle. Diese will daher gut überlegt sein. Im Gegensatz zu vielen anderen Faktoren (z.B. Intelligenz) ist es nämlich auch dem einzelnen Studenten möglich, seine Lernstrategie selbst zu gestalten. Niemand kann sich seinen eigenen IQ aussuchen oder um 10 Prozent erhöhen. Ein ähnliches Ergebnis erzielt jedoch, wer die Effektivität seiner Lernmethode durch eine gute Lernstrategie um 10 Prozent verbessert. Am Rande sei hier erwähnt, daß im Examen auch ganz geringe Unterschiede in der Leistung sich unter dem Strich schnell zu großen Abweichungen im Ergebnis summieren.

Als Beispiel für Überlegungen zur Lernstrategie sei einmal in einem Gedankenexperiment eine Prüfung zum (real nicht existierenden) Beruf des Nummernwissers vorgestellt. In dieser Prüfung wird der Inhalt aller Telefonbücher Deutschlands abgefragt, wie er inzwischen auch auf CD-ROM dem interessierten Publikum zur Verfügung steht. Die besten Ergebnisse in diesem Examen erzielt, wer die meisten Telefonnummern auswendig gelernt hat. In einer anstrengenden Vorbereitungszeit von mehreren tausend Stunden müssen sich die Kandidaten bemühen, ihr Telefonnummern-Wissen möglichst weit auszubauen.


2. Informationsmenge

Dieses Beispiel ist notwendig, um einige wichtige Grundkonzepte zu erläutern, die bei jeder Überlegung zur Frage einer effektiven juristischen Lernstrategie eine Rolle spielen. Als erstes die Informationsmenge. In dem Beispiel wird es wesentlich einfacher sein, die Telefonnummern eines kleinen Ortes zu lernen als die Nummern von Berlin oder von ganz Deutschland. In der CD-ROM-Ausgabe deutscher Telefonnummern sind über 34 Millionen Einträge erfaßt. Bei einer Vorbereitungszeit von 7000 Stunden sind nach Auskunft meines Taschenrechners 4857 Nummern pro Stunde zu lernen. Dies ist unmöglich.

Ebenso ist es unmöglich, alle Vorschriften des deutschen Rechts, alle Entscheidungen der Gerichte, alle in der Literatur vertretenen Ansichten auswendig zu lernen. Es gibt zu viele davon. In konkreten Zahlen: In der juristischen Datenbank JURIS sind 430 000 Entscheidungen erfaßt. Die Datenbank zum Bundesrecht enthält 207 000 Paragraphen. Dazu kommt noch das Landesrecht und das internationale Recht (z.B. Europarecht). In der Aufsatz-Datenbank finden sich 378 000 Dokumente (alle Zahlenangaben Stand Frühjahr 1997). Weitere 19 Datenbanken von JURIS sind hier noch gar nicht berücksichtigt.

Selbst wenn man sich in einem weiteren Gedankenexperiment einmal einen genialen Juristen vorstellt, dem es gelungen ist, jedes bisher irgendwo gedruckte Wort mit juristischem Bezug in seinem Langzeitgedächtnis zu speichern, so könnte diese Allwissenheit nicht von langer Dauer sein. Zu jeder Zeit sitzt nämlich eine größere Anzahl von Autoren neuer Gesetze, Urteile und Literaturansichten daran, diese Allwissenheit durch neue Informationen zu entwerten. Während ein einzelner Leser normalerweise wesentlich schneller lesen kann als ein einzelner Autor neuen Text produziert, gilt dies nicht mehr, wenn dem einzelnen Leser eine große Vielzahl von Autoren gegenübersteht.

Als erste notwendige Konsequenz dieser Überlegungen ergibt sich: Jede Lernstrategie muß sich realistische Ziele setzen. Ebenso wie niemand alle Telefonnummern Deutschlands auswendig lernen kann, kann auch niemand alle Paragraphen, Entscheidungen und Literaturmeinungen lernen, die für das deutsche Recht Geltung beanspruchen mögen. Das Verhältnis der lernbaren Informationsmenge zur insgesamt zur Verfügung stehenden Informationsmenge läßt sich in Prozentzahlen ausdrücken. Es wird von individuellen Faktoren wie z.B. der zum Lernen aufgewendeten Gesamtzeit beeinflußt. Ohne dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt wissenschaftlich genau belegen zu können, geht meine persönliche Einschätzung jedoch dahin, daß auch bei fleißigen und effektiv lernenden Studenten der lernbare Anteil der Gesamtmenge bei unter einem Prozent der oben genannten Zahlen liegt. Konkret bedeutet dies weniger als 2000 Paragraphen, weniger als 4300 Entscheidungen, weniger als 3780 Aufsätze.

Dabei ist auch zu bedenken, daß zum erfolgreichen Lernen normalerweise mehrere Wiederholungsvorgänge erforderlich sind. Wer eine Information nur einmal aufnimmt, wird diese Information meist schnell wieder vergessen. Erst bei einer wiederholten Speicherung im Gedächtnis bleibt eine Information auch langfristig erhalten. Diese Tatsache reduziert weiter den Anteil der lernbaren Informationsmenge.


2. Relative Bedeutung

Das erste aus dem Beispiel der Telefonnummern abgeleitete Konzept ist das der Informationsmenge. Das zweite Konzept ist die Vorstellung der relativen Bedeutung von Information. Telefonnummern werden normalerweise nicht als Zahlen, sondern nur als Adressen verstanden. Ebensogut könnte man Buchstabenfolgen verwenden, wie das für die Adressierung von Computern im Internet üblich ist (sog. Domain Namen, z.B. www.toptext.com). Wenn man aber einen Moment einmal die Telefonnummern als Telefonzahlen liest, so läßt sich eine einfache Rangordnung bilden. Telefonzahlen mit wenigen Stellen (z.B. die europaweit einheitliche Notrufnummer 112) kommen in dieser Rangordnung vor größeren Zahlen.

In der Prüfung zum Nummernwisser könnte man dann den Studenten dadurch entgegenkommen, daß kleinere Zahlen als wichtiger angesehen werden. Wie im richtigen Leben wäre zum Beispiel die Kenntnis der Telefonnummer "112" als besonders wichtig einzuordnen. Dies würde dazu führen, daß der Student bei der Vorbereitung auf das staatliche Telefonnummern-Examen nicht mehr alle 34 Millionen Nummern, sondern nur noch einen kleineren Teil dieser Informationsmenge beherrschen muß, z.B. alle Nummern bis zu fünf Stellen.

Dieses Konzept gilt ebenfalls für juristische Informationen. Nicht alles ist gleich wichtig, vielmehr ist es möglich und nötig, eine Rangfolge der Bedeutung aufzustellen. Die Notwendigkeit ergibt sich aus der einfachen Überlegung, daß ohnehin nur ein im Promillebereich liegender geringer Teil der insgesamt zur Verfügung stehenden Informationsmenge auch lernbar ist (vgl. oben). Fraglich ist allerdings, wie die Rangfolge bei juristischen Informationen zu bilden ist. Dies ist die Kernfrage für jede Lernstrategie. Wer durch eine unrichtige Auswahl der zu lernenden Information sich auf einen unwichtigen Teil der Gesamtmenge konzentriert, wird auch dann kein gutes Ergebnis erzielen können, wenn er diesen unwichtigen Teil vollständig beherrscht.

Hierzu sollen im folgenden verschiedene Grundsätze für die Auswahl vorgeschlagen und diskutiert werden. Diese sind nur zum Teil eindeutig belegbar, zu einem anderen Teil wird es nicht vermeidbar sein, sich an den eigenen persönlichen Vorlieben zu orientieren.


3. Das Gesetz geht vor

Nach dem ersten Grundsatz gilt jedenfalls für das erste Staatsexamen: Das Gesetz geht vor. Ehe man sich mit Rechtsprechung und Literatur beschäftigt, ist es nötig, das Gesetz zur Kenntnis zu nehmen. Als einen guten Grund dafür nennt Medicus (Grundwissen zum Bürgerlichen Recht, 2. Aufl. Köln 1995 VI): Allein das Gesetz steht neben dem Verstand des Prüflings im Examen zur Verfügung. Hierfür möchte ich darüber hinaus aber auch einen statistischen Beleg anführen. Die in der Rechtsprechungsdatenbank von JURIS am häufigsten zitierte Vorschrift ist mit über 9000 Zitaten Art. 3 des Grundgesetzes (Gleichheit vor dem Gesetz). Demgegenüber bringt es die am häufigsten zitierte Entscheidung des BVerfG in der Rechtsprechungsdatenbank nur auf 189 Zitate. Das bedeutet, daß eine beliebige unter den 430 000 in dieser Datenbank erfaßten Entscheidungen diese meistzitierte Entscheidung mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 0.05 Prozent zitiert. Die Wahrscheinlichkeit dafür, daß eine bestimmte Rechtsprechung im Examen eine Rolle spielt, ist damit vermutlich sehr viel geringer als die Wahrscheinlichkeit dafür, daß eine bestimmte Vorschrift des Gesetzes für die Lösung nötig ist.

Neben dem statistischen Argument sei noch ein weiterer Grund für den Vorrang des Gesetzes bei der Examensvorbereitung genannt. Rechtsprechung und Literatur betreffen regelmäßig problematische Fälle, in denen sich eine Antwort nicht eindeutig aus dem Gesetz ergibt. So ist es z.B. nicht auf den ersten Blick eindeutig zu entscheiden, ob eine Äußerung "Soldaten sind Mörder" als Beleidung strafbar oder als von der Meinungsfreiheit geschützt anzusehen ist. Hierzu gibt es in Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen. In einer Examensklausur gibt es in einem solchen Fall keine richtige oder falsche Antwort. Beide Auffassungen sind vertretbar. Das BVerfG hat für die Bewertung von juristischen Examensarbeiten entschieden, daß eine Arbeit nicht deshalb schlechter beurteilt werden darf, weil sie im Ergebnis einer Rechtsprechung oder herrschenden Meinung nicht entspricht (BVerfG vom 17.4.1991, NJW 1991, 2005). Entscheidend für die Beurteilung ist die Qualität und Überzeugungskraft der Argumentation, nicht das Ergebnis. Starke Argumentation entsteht aber nicht durch Nachbeten von Entscheidungen, sondern durch eigene Überlegungen. Selber denken macht schlau. Dies ist unabhängig davon möglich, ob man gerade weiß, wie das BVerfG die Bezeichnung von Soldaten als Mörder beurteilt hat.

Das bedeutet natürlich nicht, daß man auf das Studium von Rechtsprechung und Literatur völlig verzichten kann oder sollte. Nur wäre es nach den obigen Überlegungen eine schlechte Strategie, 95 Prozent oder mehr der Arbeitszeit dafür zu verwenden und sich mit dem Gesetz selbst nicht oder fast nicht zu beschäftigen. Im ersten Staatsexamen liegt der Schwerpunkt der Arbeit bei der Gesetzesanwendung, nicht bei der "Anwendung" von Rechtsprechung. Daher sollte auch bei der Vorbereitung der Schwerpunkt hier liegen.


4. Interesse, Spaß und Lernerfolg

Wer sich auf das Nummernwisser-Examen vorbereitet, wird schnell merken, daß die Menge aller geltenden Telefonnummern relativ langweilig ist und wenig Ansatzpunkte für begeistertes Interesse bietet. Eine Nummer wie die andere. Spätestens nach drei Tagen werden sich die meisten Studenten in der nummernwissenschaftlichen Fakultät überlegen, ob sie nicht lieber ein anderes Fach wählen sollten.

Dies gilt ebenso für ein juristisches Studium, wenn man eine schlechte Lernstrategie wählt. Ein wichtiger Bestandteil einer guten Lernstrategie ist Interesse an der zu lernenden Information. Die oben genannte Frage etwa, ob man Soldaten als "Mörder" bezeichnen darf, ist viel interessanter als eine Telefonnummer. Sie könnte ohne weiteres Gegenstand einer Diskussion unter Laien am Mittagstisch sein. Eine gute Lernstrategie ist es, solche Fragen zu suchen, die nach einem rein persönlichen Empfinden als interessant erscheinen und diese Fragen durch Lesen zahlreicher Entscheidungen und Aufsätze zu dem Thema zu vertiefen.

Damit sind zwei Vorteile verbunden. Erstens führt eine solche Strategie zu einem automatischen Wiederholungseffekt. Wer einen Tag dafür verwendet, die genannte Frage zu untersuchen, wird in allen Entscheidungen und Literaturbeiträgen Ausführungen zu den Grenzen der Meinungsfreiheit finden. Damit bleiben die Informationen besser im Gedächtnis als für den Fall, daß der Student an dem Tag zwanzig Entscheidungen liest, die jeweils völlig andere Sachgebiete behandeln.

Der zweite und wichtigere Vorteil ist, daß diese Form des Lernens mehr Spaß macht, weil man eine Frage vertieft, an der man auch interessiert ist. Dies ist für den Lernerfolg von entscheidender Bedeutung. Wer motiviert liest, behält mehr. Wer einen Roman von Agatha Christie oder von John Grisham liest, hat dabei nicht nur mehr Vergnügen als der Leser eines Telefonbuches, er merkt sich auch mehr.


5. Neu vor alt

Juristische Informationen sind in ständiger Bewegung. Ständig werden neue Gesetze erlassen, ergehen neue Entscheidungen, erscheinen neue Aufsätze und Bücher. Daher ist es nötig, sich zuerst mit den neuesten Informationen zu beschäftigen. Zur Frage, ob die Bezeichnung von Soldaten als "Mörder" als Beleidigung strafbar ist, gibt es mehrere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die in Ergebnis und Begründung unterschiedlich ausfallen.

Es ist daher nötig, neue Entwicklungen zuerst zu behandeln. Für Forderungen gilt nach dem BGB eine allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Die Verjährungsfrist, nach der juristische Informationen ihre Zuverlässigkeit verlieren, liegt kürzer. Auf einer Packung Milch ist ein Verfallsdatum aufgedruckt. Eine Gerichtsentscheidung oder ein Literaturbeitrag legt ein solches Verfallsdatum in der Regel nicht offen. Gleichwohl kann man als Faustregel angeben, daß die Information in einem Literaturbeitrag oder in einer Entscheidung nach fünf Jahren relativ unzuverlässig wird.


6. Beachtung in den Medien

Ein weiteres mögliches Kriterium ist die Beachtung, die eine Frage in den Medien findet. Die bereits mehrfach genannte Frage der Äußerung "Soldaten sind Mörder" ist ein gutes Beispiel. Über die betreffenden Strafverfahren und Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wurde in den Medien ausführlich berichtet. Wer als Jurastudent eine Tageszeitung oder ein Nachrichtenmagazin halbwegs aufmerksam liest, wird auf viele interessante Rechtsfragen stoßen.

Als Student im ersten Fachsemester besuchte ich eine Veranstaltung von Prof. Adomeit mit dem Titel "Juristische Zeitungslektüre". Ich hatte dabei erwartet, daß die Teilnehmer dieser Veranstaltung gemeinsam Fachzeitschriften wie die NJW oder die JuS lesen und gemeinsam diskutieren. Tatsächlich war aber Gegenstand der Diskussion die jeweils am Tage der Veranstaltung erschienene Morgenzeitung. Diese wurde von den Teilnehmern daraufhin überprüft, welche Artikel juristisch relevante Fragen behandeln. Diese Fragen wurden dann gemeinsam diskutiert. Dies führte zu einer lebhaften und interessanten Diskussion, die allen Teilnehmern viel Spaß gemacht und Wissen vermittelt hat.

Internet und Online-Dienste bieten dabei weitere neue Möglichkeiten. Über das Internet sind die Pressemitteilungen der obersten Bundesgerichte direkt abrufbar. Wer sich diese Pressemitteilungen regelmäßig ansieht, bekommt einen Eindruck davon, was von den Gerichten als für die Öffentlichkeit besonders interessant bewertet wird. Im Online-Dienst Compuserve wird ein sogenannter "Executive News Service" angeboten. Dies ist eine automatische Sammlung aller Artikel von Nachrichtenagenturen (z.B. von dpa) nach vom Benutzer festgelegten Stichworten. Wer als Stichwort "Bundesverfassungsgericht" eingibt, erhält eine Sammlung aller Artikel, in denen dieses Wort vorkommt. Da man als Student normalerweise keine Hilfskräfte mit der Erstellung einer Zeitungsausschnitte-Sammlung beauftragen kann, ist eine solche automatische Medienauswertung sehr nützlich.

Es ist ein völlig unrealistisches Ziel, alle Entscheidungen und Aufsätze lernen oder auch nur überfliegen zu wollen. Wer jedoch als Jurastudent nicht über die neuen Entwicklungen auf dem laufenden ist, die jeder Leser einer Tageszeitung kennt, hat mit einiger Wahrscheinlichkeit einen besonders wichtigen Teil des Informationsangebotes ausgeblendet.


7. Meistzitierte Texte

Die oben genannten Grundsätze für die Auswahl sind zum Teil subjektiv geprägt. Was z.B. dem einzelnen Studenten als Rechtsfrage besonders interessant erscheint, ist kein objektives Kriterium. Andere Kriterien sind objektiv, etwa das Erscheinungsdatum einer Entscheidung oder der Vorrang des Gesetzes beim Studium. Sie lassen aber noch nicht unbedingt eine Rangfolge zu. Eine solche objektive Rangfolge unter juristisch relevanten Texten strebt das jetzt zu schildernde Kriterium an.

Man kann die zahlreichen Paragraphen des BGB und anderer Gesetze daraufhin untersuchen, wie häufig jede Vorschrift zitiert wird. Als Ergebnis einer solchen statistischen Untersuchung kann man dann Ranglisten erstellen. Irgendeine Vorschrift wird bei einer solchen Rangliste an der Spitze stehen. Diese wird dann als besonders wichtig anzusehen sein.

Wenn man nach dem Prinzip "Vorrang des Gesetzes" ein Rechtsgebiet erarbeitet, so ist eine derartige Rangliste in verschiedener Hinsicht nützlich. Sie erleichtert erstens den Einstieg. Als Anfänger weiß man, welche Paragraphen man sich zuerst erarbeiten sollte. Es wirkt auch weiter motivierend, daß durch eine Rangliste die zu lernende Informationsmenge radikal gekürzt wird. Wer sich nur die nach dieser Rangliste wichtigsten zehn Vorschriften der StPO erarbeitet, ist damit wesentlich schneller fertig, als wer versucht, das gesamte Gesetz zu lesen.

Ein zweiter Vorteil liegt für Fortgeschrittene in der möglichen Kontrolle von Wissenslücken. Wissenslücken als solche sind kein Grund zur Besorgnis. Angesichts der Tatsache, daß ohnehin weniger als ein Prozent der verfügbaren Information auch lernbar ist, sind Wissenslücken vielmehr geradezu selbstverständlich. Sie sollten nur nach Möglichkeit nicht gerade an den wichtigsten Kernbereichen bestehen. Wer etwa § 244 StPO nicht kennt, hat eiligen Anlaß, sich mit dem Strafprozeßrecht zu beschäftigen. Die Vermutung liegt nahe, daß dies bisher nicht in ausreichendem Maße geschehen ist.

Die Ermittlung der meistzitierten Texte (Paragraphen, Gerichtsentscheidungen) ist eine mühselige und trockene Angelegenheit. Für einige Bereiche des deutschen Rechts liegen hierzu allerdings schon Ergebnisse vor. Sie finden diese Ergebnisse hier auf diesem Server.